Kennen Sie auch die Situation, wenn in einer Besprechung ein so starker Konsens herrscht, dass niemand eine kritische Bemerkung wagt oder getroffene Entscheidungen in Frage stellt? Seit ich mich intensiv mit Diversity im Unternehmenskontext beschäftige, komme ich immer wieder auf das Konfliktpotenzial diverser Teams zurück. Vielfältige Meinungen führen natürlich zu heißeren Diskussionen und benötigen einen höheren Abstimmungsbedarf. Wenn dieser Auseinandersetzung allerdings mit dem richtigen Mindset begegnet wird und diverse Teams gut begleitet werden, bin ich von deren Erfolg überzeugt. Diverse Teams kommen durch einen breiteren Blickwinkel zu innovativen und tragfähigeren Lösungen.
Das richtige Mindset
Die Kultur eines Unternehmens ist meiner Meinung nach maßgeblich mitentscheidend für den Erfolg von Diversity-Maßnahmen. Wenn eine Organisation in starren Strukturen und Denkmustern verharrt, Veränderung ablehnt und „Fremdartigem“ skeptisch gegenübersteht, werden Initiativen auf viel Gegenwind stoßen und eher scheitern. Es ist wichtig, ein Umfeld zu schaffen, das vielfältige Meinungen zulässt und Unterschiede als Quelle für neue Ideen schätzt.
Es geht auf der einen Seite darum, Unterschiede überhaupt anzuerkennen und auch auszuhalten. Anna Engers geht in ihrem Buch „Komplexität von Diversity meistern“ sehr umfangreich auf diesen Punkt ein und sagt z. B.: „Wir möchten es gerne einfach halten. Wir streben danach, alles Mehrdeutige zu vereinheitlichen. Wir mögen es nicht, wenn etwas vage bleibt.“ Um das Potenzial von Diversität nutzen zu können, ist also ein hohes Maß an Toleranz und Reflexion notwendig.
Auf der anderen Seite ist es wichtig, vielfältigen Meinungen Raum zu geben. Offenheit, Wertschätzung und Neugier sind zentrale Werte, die ein Nebeneinander und Miteinander von vielfältigen Perspektiven ermöglichen. Gegen Diskriminierung jeder Ausprägung muss entschieden vorgegangen werden. Maria Ziller von der Salzburg AG hat im Interview mit mir gemeint, dass das im Unternehmen ausgerollte DEI-Programm kulturverändernd wirkt: „Unangebrachte Witze und Sexismus haben in unserer Organisation keinen Platz. Allen Führungskräften und Mitarbeiter*innen ist klar, welches Verhalten von ihnen erwartet wird. Dadurch verändert sich unser Miteinander.“
Ob Diversity eine Kulturveränderung herbeiführt oder zuerst an der Unternehmenskultur gearbeitet wird, um darauf aufbauend DEI-Maßnahmen zu setzen, spielt vermutlich keine entscheidende Rolle. Ich denke allerdings, dass es einen sehr engen Zusammenhang gibt und wir daher in der Auseinandersetzung mit Diversity die Kultur eines Unternehmens unbedingt mit im Fokus haben müssen.
Der DEI-Experte Gerhard Wagner hat mir dazu einen weiteren Blickwinkel mitgegeben: „Unternehmen können über die Kulturen, die sie pflegen, einen wertvollen Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung leisten. Wir verbringen viele Stunden im Job und nehmen da Werte, Umgangsformen und Verhaltensweisen mit.“ Wenn wir unsere Bemühungen in diese Richtung denken, hat Diversity einen echten Impact und kann zu einer gesellschaftlichen Wandlung beitragen.
In diversen Teams brauchen wir eine konstruktive Auseinandersetzung und Anerkennung der Unterschiedlichkeiten, damit das vorhandene Potenzial gehoben werden kann.
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